Waldtraut Schrickel (1920-2009) gehörte zu den ersten vier Frauen, die sich in Deutschland im Fach Ur- und Frühgeschichte habilitiert haben.

Ihr wissenschaftlicher Weg war kein einfacher. Geboren in Gräfentonna (Lkr. Langensalza), starben ihre Eltern frühzeitig und sie wurde von Markus Schrickel, dem Direktor der Gothaer Gothaer Lebensversicherungsbank und seiner Frau Olga Schrickel, geb. Schack, adoptiert. Sie promovierte 1944 über „Deutsche Fürstentöchter in östlichen Herrschaftshäusern des Mittelalters (Przemysliden, Piasten, Arpaden)“. Anschließend arbeitete und lehrte sie bis zu ihrer Flucht im April 1958 in den Westen als Assistentin und Dozentin (Habilitationsschrift 1952, „Der Werdegang vorgeschichtlicher Felsgeräte“) am Vorgeschichtlichen Museum und Institut für Prähistorische Archäologie der Universität Jena und als Bodendenkmalpflegerin für die Kreise Jena, Stadtroda, Eisenberg und Orlamünde.

1960 erhielt die mit einem neolithischen Thema habilitierte Schrickel ihre venia legendi an der Universität Heidelberg für „Germanische Ur- und Frühgeschichte“, um die Lehrinhalte anbieten zu können, die der Lehrstuhlinhaber Vladimir Milojčić mit seiner Südosteuropa-Schwerpunktsetzung nicht abdeckte.

Als Schrickel studierte, begann sich das Fach Ur- und Frühgeschichte gerade erst an den Universitäten zu etablieren. Deshalb begann ihre Laufbahn über die Geschichtswissenschaften. Ihre Promotion verfasste sie noch zu einem mittelalterlichen Thema, mit ihrer Habilitationsschrift und weiteren monographischen Werken zum Neolithikum gehörte sie in ihrer Zeit zu den renommierten Forscherpersönlichkeiten ihres Faches.

In ihrer Habilitationsschrift untersuchte sie die verschiedenen Stadien der Bearbeitung und Umarbeitung von Objekten sowie die Veränderung ihrer Funktion. Ihr nächstes Werk galt der Untersuchung der Auswirkung kultureller Einflüsse aus Westeuropa in der mitteldeutschen Jungstein- und Bronzezeit. Bis dato ging man von einer Südost nach Nordwest verlaufenden Entwicklung aus (Schrickel 1957, Schrickel 1966).
Nach wie vor grundlegend ist die umfassende Fundvorlage und Einordnung des Fundmaterials der heute als Wartberg-Gruppe bezeichneten Kultur (Schrickel 1969). Wahrscheinlich infolge ihrer Lehrtätigkeit zu frühgeschichtlichen Themen sind die jüngeren Arbeiten zu verstehen, in denen Schrickel versuchte, ausgehend von Objekten aus Gräberfeldern in alamannisch und fränkisch besiedelten Gebieten, Möglichkeiten der Differenzierung der Band- und Tierornamentik auf Gürtel-und Riemengarnituren herauszuarbeiten (Schrickel 1979).

Neben Forschung und Lehre oblag Schrickel zwischen 1965 und 1995 die Fachredaktion der international viel beachteten Publikationsreihen des Institutes zur Archäologie des Mittelmeerraumes sowie der Balkan-Kommission der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.

Geschult als Bodendenkmalpflegerin, gehörte sie zu den Archäologinnen, die in der archäologischen Feldforschung tätig waren. Und auch hierin unterstützte sie Milojčić, indem sie Studierende bei der Durchführung der als Lehrgrabung konzipierten Erforschung der Sola-Basilika von Solnhofen in der Grabungstechnik ausbildete und dieses Projekt auch nach dem Tod des Lehrstuhlinhabers zu Ende führte (Schrickel 1987).

Es war auch eine Initiative von Schrickel, die zur Wiederaufnahme der Ausgrabungen in dem Michaelskloster auf dem Heidelberger Heiligenberg führte. Die Ausgrabungen zwischen 1980 und 1984 durch das Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Heidelberg erbrachten wichtige Aufschlüsse zur Baugeschichte des Klosters und der Besiedlungsgeschichte des Platzes. Nach 1995 verlagerte sie ihren Lebensmittelpunkt nach Dresden, war aber nach wie vor am Heidelberger Institut aktiv.