DW_Z_159 Aktstudie in der Pose des Leichnams Christi (Mengs, Anton Raphael)

Der heutige Kenntnisstand des zeichnerischen Oeuvres von Mengs und Maron ist der Hintergrund für die hier vorgeschlagene neue Zuschreibung des Blattes an Mengs. Der Duktus und die weiche verriebene Modellierung weisen eine große Nähe zu anderen Aktstudien von Mengs auf, die in die römischen Jahre (1771-1773) zu datieren sind. Dazu gehört die Karlsruher Serie [Roettgen 1999, Z 57a-h] wie auch die Studie in der Haltung des Bacchus [DW_Z_152]. Vergleichbar mit dieser Zeichnung ist vor allem die sichere und lockere Bildung der Hände. Marons Aktstudien aus diesen Jahren zeichnen sich dagegen durch eine stärkere Betonung der muskulösen Partien des Körpers aus.
Die Datumsnotiz ist vermutlich auf eine Modellsitzung der Accademia del Nudo zu beziehen. Demnach wäre die Zeichnung in der 19. Unterrichtsstunde des Jahres 1772 entstanden. Es ist allerdings nicht rekonstruierbar, zu welcher Zeit sie stattgefunden hat. Üblicherweise wurde in den Sommermonaten nach dem nackten Modell gezeichnet.
Der athletische Körper verbindet sich in dieser Studie mit einem nach dem klassischen Kanon geformten Gesicht, dessen Vorbild Michelangelos Christus der Pietà von St. Peter ist.
Zwei weitere Aktstudien in Christuspose, die im gleichen Zeitraum entstanden sind [Roettgen 1999, Z 5, DW_Z_160] belegen, dass sich Mengs im fraglichen Zeitraum intensiv mit dieser Thematik befasste. Eine Erklärung dafür ergibt sich aus seinen Bildkompositionen. Nach der großen 1769 vollendeten Grablegung für Karl III. [Roettgen 1999, Kat. 62] beschäftigte ihn das Thema auch weiterhin [Roettgen 1999, Kat. 59]. In dem umfänglichen Zeichnungsmaterial zu diesem Thema finden sich für die Pose des liegenden Leichnams unterschiedliche Lösungen, darunter auch solche, die – vergleichbar zur Aktstudie - den Körper Christi in nahezu frontaler und sitzender Haltung geben [Roettgen 1999, Kat. 62 VZ 6].