Hettner, Felix (1851-1902)

Kindheit, Jugend und Gymnasialzeit verbrachte Felix Hettner in der kunst- und kulturgeprägten Stadt Dresden. Unter dem Einfluss des Vaters Hermann Hettner erfolgte die frühe Hinwendung zur Altertumskunde. Dieses Interesse führte 1872 zur Aufnahme des Studiums der Klassischen Altertumswissenschaften in Leipzig, das er 1873-1877 in Bonn fortführte und abschloss. Ein Forschungsaufenthalt führte ihn zu epigraphischen Arbeiten ans Archäologische Institut nach Rom, wo ihn der Ruf nach Trier erreichte. Von 1877-1902 wirkte er als Direktor des Provinzialmuseums in Trier, das heutige Rheinische Landesmuseum Trier, das mit seinem Amtsantritt begründet wurde. Nach Übernahme der Sammlungen der Gesellschaft für Nützliche Forschungen, der Königlichen Regierung, der Stadt Trier und des Altertumsvereins von Sankt Wendel folgte der Aufbau des museumseigenen Bestandes insbesondere durch die dem neuen Institut übertragene Zuständigkeit für die Ausgrabung archäologischer Denkmäler in der Stadt Trier und im Regierungsbezirk. Neben Untersuchungen zu römerzeitlichen Befunden (außerhalb der Stadt Trier vor allem Neumagen, Bitburg und Welschbillig) stehen auch solche zu vorgeschichtlichen Befestigungen (Steineberger Lay, Otzenhausen) und frühmittelalterlichen Gräberfeldern (Ehrang, Rittersdorf).
Zusammen mit Karl Lamprecht war Hettner Begründer und Herausgeber der „Westdeutschen Zeitschrift für Geschichte und Kunst“, das erste Publikationsorgan für die gesamte Geschichts- und Altertumskunde in West- und Süddeutschland. Damit existierte unter Hettners Schriftleitung erstmals eine überregionale Zeitschrift für die Archäologie Westdeutschlands, die mit dem angeschlossenen „Korrespondenzblatt“ und den regelmäßigen Berichten der „Museographie“ aller archäologischen Sammlungen der sich professionalisierenden Altertumsforschung, den Museen und Altertumsvereinen im „römischen“ Westdeutschland über ein Vierteljahrhundert eine solide Publikationsplattform bot. Diese inhaltlichen Impulse wirken in den Nachfolgezeitschriften – Römisch-Germanisches Korrespondenzblatt, Germania und Archäologisches Korrespondenzblatt – bis in die Namengebung hinein noch in der Gegenwart.
1889 fanden mit dem Bezug des neuen Museumsgebäudes an der Trierer Ostallee die schweren Aufbaujahre ein Ende. Unter dem maßgeblichen Einfluss des Berliner Althistorikers und Reichstagsabgeordneten Theodor Mommsen wurde Hettner von 1892-1898 als Archäologischer Dirigent der Reichs-Limeskommission mit der organisatorischen Leitung der vom Deutschen Reich finanzierten Untersuchung des Obergermanisch-Raetischen Limes beauftragt. Von der Direktion des Trierer Museums war Hettner in dieser Zeit beurlaubt; die Stellvertretung wurde Hans Lehner übertragen. Auch nach seiner Rückkehr nach Trier gab Hettner nicht nur weiter das „Limesblatt“ heraus (1892-1902), sondern redigierte und bearbeitete auch weiterhin die Ergebnisse der Kastellgrabungen des großen Publikationsunternehmens „Der obergermanisch-raetische Limes des Roemerreiches“; zwischen 1892 und 1903 hat er in 18 Lieferungen 45 Kastelle veröffentlicht. Die zahlreichen Aufsätze Hettners zur Vor- und Frühgeschichte des Trierer Landes sind vor allem im „Jahresbericht der Gesellschaft für Nützliche Forschungen“, den „Bonner Jahrbüchern“ und der „Westdeutschen Zeitschrift“ erschienen. 1923 wurde in Trier eine Straße nach ihm benannt.
Hettners Wirken stand am Anfang der grundlegenden Professionalisierung der Altertumsforschung vor der Wende zum 20. Jahrhundert. Seine ausgezeichnete philologische, epigraphische und archäologische Ausbildung verband sich mit einer hervorragenden organisatorischen Begabung und einem großen Geschick im Umgang mit Menschen. Die Herausgabe der „Westdeutschen Zeitschrift“, die Leitung der Limesausgrabungen und vor allem der erfolgreiche Aufbau des Trierer Provinzialmuseums ließen ihn zum führenden Archäologen Westdeutschlands werden.